Brandenburger Landtag beschließt einstimmig Verfassungsänderung

Der Brandenburger Landtag hat am 22. November 2013 fraktionsübergreifend, d.h. einstimmig die sog. Antirassismusnovelle der Landesverfassung beschlossen. Die Novelle beinhaltet die Streichung des Begriffs „Rasse“ in Artikel 12 sowie das neue formulierte Verbot rassistischer Diskriminierungen. Darüber hinaus wurde Artikel 2 um folgenden Satz ergänzt: „Das Land schützt das friedliche Zusammenleben der Menschen und tritt der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts entgegen.“ (Antirassismusklausel)

Hier die Änderungen inkl. Begründung aus der Beschlussvorlage, Drucksachennr. 5/7321 im Detail:

Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg

Die Verfassung des Landes Brandenburg vom 20. August 1992 (GVBI. I S. 298),

die zuletzt durch Gesetz vom 19. Dezember 2011 (GVBI. I Nr. 30) geändert worden

ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem Artikel 2 Absatz 1wird folgender Satz 2 angefügt:

„Das Land schützt das friedliche Zusammenleben der Menschen und tritt der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts entgegen.“

2. Artikel 12 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Niemand darf wegen der Abstammung, Nationalität, Sprache, des Geschlechts, der sexuellen Identität, sozialen Herkunft oder Stellung, einer Behinderung, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder aus rassistischen Gründen bevorzugt oder benachteiligt werden.“

Zu Artikel 2:

Die Ergänzung von Artikel 2 Absatz 1 um einen Satz 2 verankert das Bekenntnis des Volkes gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in dem mit „Grundlagen“ überschriebenen Ersten Hauptteil der Verfassung und dort in Art. 2 (Grundsätze der Verfassung). Sie lässt die bislang in der Präambel sowie in Artikel 1 und 2 der Verfassung enthaltenen Grundentscheidungen unberührt, konkretisiert und ergänzt diese aber durch eine Antirassismus-Klausel, die systematisch konsequent an die in Artikel 2 Absatz 1 geregelten Verfassungsgrundsätze anschließt. Die ausdrückliche Erwähnung betont den herausragenden Stellenwert des friedlichen Zusammenlebens der Menschen für Staat und Gesellschaft. Sie hebt den Schutz dieser elementaren Grundlage eines jeden freiheitlich-demokratisch verfassten Gemeinwesens besonders hervor und benennt zugleich mit „der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts“ konkrete Gefährdungslagen, die auch im Land Brandenburg festzustellen sind.

(…)

Die Antirassismus-Klausel setzt auch ein klares verfassungsrechtliches Signal für die Bevölkerung und sensibilisiert sie normativ für die von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ausgehenden Gefahren. Die Klausel verdeutlicht, dass rassistisches und fremdenfeindliches Gedankengut das gesamte Gemeinwesen bedroht und deshalb alle angeht. Sie setzt auf eine Verfassungskultur bürgerschaftlicher Betroffenheit, Solidarität und Aktivität. Daher sind auch die Menschen im Land Brandenburg aufgerufen, der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts entschieden entgegenzutreten. Damit fördert der neue Verfassungsgrundsatz gesellschaftliches Engagement, er unterstützt die Bildung von Netzwerken gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und trägt so insgesamt zur Festigung der freiheitlich verfassten Grundordnung in der wehrhaften Demokratie bei.

Zu Artikel 12:

Die Änderung in Artikel 12 (Gleichheit) Absatz 2 nimmt die europäische und deutsche Diskussion der vergangenen 20 Jahre zur Frage auf, ob der Begriff der „Rasse“ im Europarecht oder in Verfassungen und Gesetzen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch zeitgemäß ist. Sie ist an einen auch in Brandenburg seit mehreren Jahren diskutierten Vorschlag des Deutschen Instituts für Menschenrechte angelehnt, in dem eine Streichung des Begriffes „Rasse“ sowie die Aufnahme eines Diskriminierungsgrundes „rassistisch“ in Artikel 3 des Grundgesetzes empfohlen wird.

(…)

Allerdings würde bei einer ersatzlosen Streichung des Begriffs „Rasse“ in Artikel 12 Absatz 2 der Verfassung des Landes Brandenburg der bisherige Schutzbereich dieses Artikels verkürzt. Deshalb soll durch die Einfügung der Formulierung „oder aus rassistischen Gründen“ die unveränderte Beibehaltung des speziellen Gleichheitsgrundrechts gewährleistet werden. Gegenüber Alternativbegriffen wie etwa dem der „ethnischen Herkunft“ ist die gewählte Formulierung vorzugswürdig, da Diskriminierungen aus ethnischen Gründen nicht notwendig deckungsgleich mit Diskriminierungen aus rassistischen Gründen sind.

Den genauen bzw. weiteren Wortlaut des Beschlusses finden Sie hier:

http://www.parldok.brandenburg.de/parladoku/w5/drs/ab_7300/7321.pdf


Anschrift:

Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“
in der
Staatskanzlei des Landes Brandenburg
Heinrich-Mann-Allee 107
14473 Potsdam